Welche Chancen KI klinischen Studien bietet
Erstellt am: 02.06.2021
Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (Machine Learning) haben in den vergangenen Jahren in Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft stark an Bedeutung gewonnen. Auch für die klinische Forschung eröffnen sich dadurch neue Möglichkeiten – etwa bei der Entwicklung digitaler Tools, bei der Analyse großer Datenmengen oder der Verbesserung von Studienprozessen. Ein Überblick.
Was ist künstliche Intelligenz – und was bedeutet das für die Forschung?
Allgemein formuliert kommt künstliche Intelligenz (KI) dann zum Einsatz, wenn eine Vorrichtung oder ein Algorithmus auf seine Umgebung reagiert und versucht, ein festgelegtes Ziel zu erreichen. Dabei werden entweder Entscheidungen getroffen oder Aktionen ausgeführt – etwa bei der Erkennung von Mustern oder der Planung von Abläufen.
Ein interessantes Phänomen in der Diskussion um KI ist der sogenannte KI-Effekt: Sobald eine Anwendung etabliert ist und zuverlässig funktioniert, wird sie oft nicht mehr als KI wahrgenommen. Ein Beispiel ist die Verkehrsschilderkennung in modernen Autos – technisch komplex, aber nicht mehr "intelligent" im klassischen Sinn. Diese Wahrnehmung zeigt, wie dynamisch sich der Begriff KI entwickelt – besonders in Bereichen wie der medizinischen Forschung, wo Innovationen schnell zur Norm werden.
In der klinischen Forschung versteht man unter KI meist selbstlernende Software, die komplexe Muster erkennt, Daten auswertet und sich kontinuierlich verbessert. Dabei kommt häufig eine Kombination aus Machine Learning und klassischer Statistik zum Einsatz – unterstützt von Data Scientists, die Modelle trainieren, validieren und optimieren.
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Die Rolle von KI in der klinischen Forschung
Klinische Studien generieren eine große Menge an Daten. Diese müssen sorgfältig dokumentiert, geprüft und analysiert werden, um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu gelangen. Dabei entstehen Herausforderungen: Daten sind nicht immer vollständig, es gibt Unstimmigkeiten, und die Interpretation erfordert Fachwissen – insbesondere, wenn viele Variablen miteinander in Beziehung stehen.
Künstliche Intelligenz kann in diesem Kontext eine entscheidende Rolle spielen. Sie ermöglicht:
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die frühzeitige Analyse von Datentrends während einer laufenden Studie,
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die Entwicklung intelligenter Prüfalgorithmen zur Erkennung von Ausreißern oder fehlenden Werten,
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und die automatische Kategorisierung von Freitexteinträgen – häufig eine Fehlerquelle in Studien.
Ein durch KI unterstütztes Datenmanagementsystem verbessert nicht nur die Qualität der Studiendaten, sondern steigert auch die Effizienz im Studienverlauf. Patientendaten werden strukturierter erfasst, Fehlerquellen frühzeitig erkannt und Analysen schneller umgesetzt – ein großer Vorteil für alle Beteiligten.
Von der Theorie zur Praxis: Entwicklung klinischer KI-Anwendungen
Der erfolgreiche Einsatz von KI in der Forschung beginnt mit einer fundierten Datenanalyse. Bevor ein Modell entwickelt wird, müssen Forscher:innen und Data Scientists verstehen, mit welchen Daten die KI arbeiten soll:
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Wie vollständig und verlässlich sind die vorhandenen Daten?
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Wie stark schwankt die Qualität zwischen verschiedenen Quellen?
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Welche Informationen liegen strukturiert vor, welche nur als Freitext?
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Müssen Daten vorverarbeitet, normalisiert oder gewichtet werden?
Diese Fragen fließen in die Entwicklung einer maßgeschneiderten Softwarelösung ein – immer mit dem Ziel, das Datenmanagement in klinischen Studien zu entlasten und gleichzeitig valide Ergebnisse zu ermöglichen.
Ein einfaches Beispiel mit großer Wirkung
Ein typisches Beispiel aus dem Studienalltag: In einem eCRF (elektronischen Fallberichtformular) kann ein:e Ärzt:in bei der Medikation aus einer Liste wählen. Passt keine der Optionen, wird „Weitere“ ausgewählt und ein Freitextfeld ausgefüllt. Hier schleichen sich leicht Tippfehler ein oder es werden uneinheitliche Begriffe verwendet. Diese kleinen Fehler können große Auswirkungen auf die spätere Analyse haben.
Durch den Einsatz von Machine Learning lässt sich dieses Problem reduzieren: Ein intelligenter Algorithmus gleicht den Freitext mit den Standardoptionen ab, erkennt auch ähnliche Begriffe oder häufige Tippfehler und gibt automatisch einen Warnhinweis aus. Die Daten bleiben sauber, die nachfolgende Analyse wird deutlich erleichtert.
Für Data Scientists ist dies ein Paradebeispiel dafür, wie Data Science nicht nur in komplexen Modellen, sondern auch in kleinen Optimierungen greifbare Mehrwerte bietet – besonders im klinischen Umfeld, wo jeder Datensatz zählt und jeder Patient im Mittelpunkt steht.
Die Zukunft der klinischen Forschung ist datengetrieben
Mit dem kontinuierlichen Fortschritt in der Technologie und dem wachsenden Vertrauen in KI-gestützte Systeme eröffnen sich neue Perspektiven:
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KI kann Patient:innen gezielter identifizieren und für Studien rekrutieren.
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Sie erkennt verborgene Muster, etwa in Langzeitverläufen oder bei seltenen Nebenwirkungen.
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Sie unterstützt die personalisierte Medizin durch die Analyse individueller Merkmale und deren Zusammenhang mit Therapieerfolgen.
Gerade in frühen Phasen der Arzneimittelentwicklung oder bei seltenen Erkrankungen kann der intelligente Einsatz von KI helfen, wertvolle Erkenntnisse schneller zu gewinnen – und damit nicht nur Studien effizienter zu machen, sondern letztlich auch Patienten schneller neue Therapieoptionen zu ermöglichen.
Fazit: Data Science als Schlüsseltechnologie
Künstliche Intelligenz ist mehr als ein technisches Schlagwort – sie ist ein Werkzeug mit großem Potenzial für die klinische Forschung. Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz ist ein sorgfältiger, verantwortungsvoller Umgang mit Daten. Gute Konzepte, robuste Modelle und die Expertise von Data Scientists sind unerlässlich.
In Zukunft wird Data Science eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung klinischer Studien spielen – von der Entwicklung innovativer Softwarelösungen über die automatisierte Analyse bis hin zu besserer Versorgung für die Patienten. Wer früh in diese Technologien investiert, sichert sich langfristige Vorteile – in der Forschung ebenso wie in der Praxis.