Ask Alcedis mit Jascha: „KI ist die Zukunft klinischer Studien“
Erstellt am: 25.04.2021
Wie werden sich klinische Studien weiterentwickeln und vor welchen Herausforderungen steht die Branche? Jascha, Produktmanager Datenanalyse bei Alcedis, gibt Antworten auf diese Fragen.
Was sind die Potenziale der nahen Zukunft?
"Entwicklungen im Bereich der klinischen Studie hängen nicht unbedingt davon ab, was die Technik kann oder was möglich wäre, sondern was erlaubt ist. Bevor Innovationen, wie zum Beispiel künstliche Intelligenz in klinischen Studien, umgesetzt werden, müssen diese offiziell genehmigt werden. Dies geschieht beispielsweise durch Ethikkommissionen oder Politik. Daher wird sich in den nächsten Jahren nicht nur zeigen, wie innovativ die Pharmabranche ist, sondern auch, wie agil offizielle Stellen arbeiten und entscheiden.
Für mich ist vorstellbar, dass in naher Zukunft immer häufiger Symbiosen zum Einsatz kommen. Konkret bedeutet das: neue Methoden werden miteinander kombiniert und eingesetzt. Außerdem werden Assistenzsysteme die Durchführung von Prozessen unterstützen. Dabei treffen künstliche Intelligenzen in klinischen Studien keine eigenständigen Entscheidungen, sondern weisen einen Arzt lediglich auf Auffälligkeiten hin. Meinung und Entscheidung des Arztes sind daher weiterhin unverzichtbar.
Der Vorteil ist, dass mit derselben Personenanzahl eine
-
deutlich höhere Datengenerierung
-
effektivere Datenanalyse
-
und eine höhere Genauigkeit ermöglicht wird.
In welchem Zeitraum diese Veränderungen realisiert werden, ist aufgrund der vielen Einflussfaktoren in meinen Augen schwer vorhersehbar. Diese Entwicklungen können in zwei Jahren Realität sein, aber auch erst in fünf Jahren regelmäßig zum Einsatz kommen. Bei solchen Einschätzungen führt auch der Blick in die Vergangenheit nicht zum Ziel: noch nie war der Fortschritt so schnell wie jetzt – sowohl im technischen als auch im medizinischen Bereich."
Neues Whitepaper
Wie sehen klinische Studien in zehn Jahren aus?
"Künstliche Intelligenz ist die Zukunft klinischer Studien. Ich glaube, sie könnte immer verantwortungsvollere Aufgaben übernehmen. Das funktioniert nur, wenn sie unter Aufsicht medizinischer Experten antrainiert wird. Ein Beispiel: 100 Ärzte desselben Fachbereichs könnten innerhalb eines Jahres eine künstliche Intelligenz für eine klinische Studie antrainieren. Beeinflusst wird diese dann durch 100 individuelle Erfahrungen, Meinungen und Wissen.
Nach umfangreichen Tests könnte eine solche künstliche Intelligenz in diesem Bereich von tausendenen Ärzten weiter genutzt werden. Diese Investitionen zahlen sich aus: Die künstliche Intelligenz spart auf lange Sicht Ressourcen, die Forschung greift auf konkretere Daten zurück und Diagnosen lassen sich so deutlich verbessern.
Auch eine digitale Diagnose-App kann ich mir gut vorstellen. Wer seine Krankheitssymptome bei Google eingibt, erhält häufig eine Fülle an Diagnosen, die dem wahren Krankheitsbild nicht entsprechen müssen. Dies könnte in der Zukunft wesentlich verbessert werden: Ich stelle mir ein System vor, in dem jede Privatperson konkrete Symptome auswählt und anhand persönlich, hinterlegter Daten dann eine ernstzunehmende Empfehlung bekommt, beispielsweise sich an einen Facharzt zu wenden. Patienten können durch eine solche Funktion in Zukunft deutlich besser versorgt werden.
Außerdem würden auf diese Weise weitere Daten erhoben, die in klinische Studien einfließen können. Ich denke, zukünftig werden Daten zumindest teilweise auch indirekt durch den Patienten erhoben, ob durch Wearables oder Systeme wie dieses. Dabei stellt sich die Frage des Datenschutzes: Damit dieses System funktioniert, müssen Menschen ihre Einwilligung geben, Daten zu teilen und freizugeben."
Welche Herausforderungen werden auf die Branche in Zukunft zukommen?
"Einige zentrale Herausforderungen habe ich bereits genannt: die Freigaben öffentlicher Stellen wie Ethikkommissionen oder Politik und natürlich der Datenschutz.
Generell sehe ich technische und regulatorische Herausforderungen. Aktuell ist es schwierig einzuschätzen, was technisch in Zukunft alles möglich sein wird. Eine Vermutung: Big Data Lösungen könnten schon auf Handys umgesetzt werden, die Rechenleistungen könnten also weiterhin zunehmen. Durch diese Entwicklung wird die Geschwindigkeit der Durchführung und Auswertung enorm steigen.
Aber auch neue Methodiken, Modell- oder Forschungsansätze könnten die Herangehensweise klinischer Studien grundlegend ändern. Stehen mehr und umfangreichere Daten zur Verfügung kann es in Zukunft zu neuen Fragestellungen kommen, die dann wiederum neue Ansätze aufzeigen oder notwendig machen.
Da Daten aktuell weder zentralisiert noch standardisiert werden, liegt hier großes Potenzial. Der Großteil der Menschen trägt beispielsweise Mobiltelefone mit sich, die jeden Tag umfangreiche Daten sammeln. Eine spannende Herausforderung wäre, diese Daten in Zukunft für klinische Forschung zusammenzufassen, zu vereinheitlichen und zu nutzen."